Rohrholz – Arundo donax

Botanische Einordnung

Die Gattung Arundo gehört zur Familie der Süßgräser und ist mit seiner Wuchshöhe von bis zu 8 m zugleich eines der größten. Sie umfasst ca. 7 verschiedende Arten, von denen aber nur die Art Arundo donax eine Bedeutung für den Bau von Rohrblättern für Holzblasinstrumente hat.

Arundo donax wird oftmals fälschlicherweise als Bambusart bezeichnet und “Bambus” genannt, es ist aber mit den Bambusarten nicht verwandt. Die häufig im Deutschen gebrauchte Bezeichnung “Schilfrohr” ist da schon eher passend. (Bekannte Nutzpflanzen der Süßgrasfamilie sind z.B. Gerste, Hafer,Hirse, Mais, Reis, Roggen, Weizen, Zitronengras und  Zuckerrohr.)

Aussehen
Die 12-30 cm langen Internodien der Halme erreichen Durchmesser von ca. 5 – 50 mm bei Wandstärken von 2-8mm.
Die 5-6 cm breiten und bis zu 50 cm langen zweizeiligen Blätter sind von lanzettartiger Form. Die Blattscheide der Blätter liegt eng um den Halm und bleiben auch nach Abfallen des Blattes am Halm stehen. Die Rispen der  Blüten werden zwischen 30-60 cm lang. Arundo donax bildet große Knollen und verbreitet sich durch Kriechwurzelausleger. Die Pflanze ist mehrjährig, das Längenwachstum setzt im zweiten Jahr ein. Am Ende des Wachstums eines Internodiums  wird eine harte, spröde Oberfläche mit hohem Anteil an eingelagerten Siliziumkristallen und gelb-brauner Farbe gebildet.

Rohrholz - Arundo donax

Verbreitung
Als ursprüngliches Verbreitungsgebiet wird der mediterrane Raum/Nordafrika bis zu den niedrigen Ausläufern des Himalajas (Kashmir/Nepal) angegeben. Arundo Donax wurde aber durch den Menschen in vielen subtropischen und warmen Zonen der Welt als Zier/Nutzpflanze eingeführt und ist mittlerweile auf allen Kontinenten anzutreffen.

Arundo donax benötigt ein tropisches, sub-tropisches oder warmes Klima und stellt relativ geringe Ansprüche an den Boden, es wächst auf lehmigen Böden wie auf sandigen Böden. Da es hohe Anteile an Salz im Boden toleriert, ist es deshalb auch auf Sanddünen in der Nähe von Meeresküsten anzutreffen. Es benötigt zum Wachstum sehr viel Wasser, ca. 2000 l/ m Halm, weshalb sein bevorzugtes Wuchsgebiet die Ufer von Bächen und Flüssen sowie Überschwemmungsgebiete sind. Als Material für Rohrblätter wird es auf speziellen Plantagen gezielt angebaut und kultiviert.

Rohrholz - Vorkommen

Geschichte
Im alten Ägyptens wurden in der ptolemäischen Zeit (300-30 v. Chr.)  Rohrblätter in einem speziellen Verfahren angebaut. Um eine junge Pflanze wurde ein Ring aus Pflanzenfasern gelegt, beim Wachsen schnürte diese Stelle ein. Um ein Rohblatt herzustellen wurde der Halm über der eingeschnürten Stelle abgeschnitten und zusammengedrückt. Es ist wahrscheinlich das diese Rohrblätter auf speziellen “Plantagen” gezüchtet wurden. Leider liegen keine Informationen darüber vor, ob es sich hierbei um Arundo Donax handelte oder um eine andere Schilfart. Im alten Griechenland wurde das Arundo Donax Material für die Auloi nicht speziell angebaut, das gleiche scheint bei den Römern und ihrer Tibia angewandt worden zu sein.
Die antiken Quellen geben zwar qualitative Unterschiede zwischen Rohrmaterial aus verschiedenen Regionen an, aber ein gezielter Anbau scheint nicht stattgefunden zu haben. Nach Baines wurde in (Nord)-Europa  Arundo Donax bis zum Ende des 16.Jhr. hauptsächlich aus Süditalien bezogen, hier dürfte es sich um wildgewachsenes Rohr gehandelt haben.

Bis zum ersten Weltkrieg wurde Arundo donax nur in Europa gezielt angebaut, hauptsächlich in Frankreich und Spanien. Auf Grund der “Nachschubprobleme” während des ersten Weltkrieges wurden im bzw. nach dem 1.Weltkrieg Plantagen in anderen Ländern gegründet. Nach dem 2.Weltkrieg entstanden auf der ganzen Welt A. Donax Plantagen, sofern es das Klima zulässt. Plantagen sind z.B. in Australien, Mexiko, Argentinien,
Kalifornien, Kaukasus usw. zu finden.

Eigenschaften
Seit Mitte der 1980er Jahre werden an der Universität Freiburg die mechanischen Eigenschaften pflanzlicher Achsen und ihrer strukturellen Hintergründe quantitativ analysiert. Die Untersuchungen zeigten, dass pflanzliche Achsen hochkomplexe Verbundmaterialien darstellen, die auf mindestens fünf hierarchischen Ebenen als Verbundstrukturen interpretiert werden können. Die komplexe Struktur pflanzlicher Achsen führt zu technisch interessanten mechanischen Eigenschaften, wie zum Beispiel der Fähigkeit zur Schwingungsdämpfung, Diese wurde vor allem am Pfahlrohr (Arundo Donax) untersucht, dessen Halme sich bei geringem Gewicht durch eine hohe Festigkeit gekoppelt mit großer Verformbarkeit auszeichnen.

Ernte
Mitte Dezember/Anfang Januar werden die 2-3-jährigen Arundo donax Pflanzen geerntet.
Dieses geschieht oftmals noch per Hand, um ungeeignete Stangen in diesem Arbeitsschritt gleich aussortieren zu können. Eine erneute Ernte auf diesem Feld ist dann wieder nach 2-3 Jahren möglich. Nach ca. 4-5 Ernten sind die Pflanzen zu alt und schwach und es muss eine neue Anpflanzung erfolgen, um die Pflanzen zu verjüngen.

Trocknung

Rohrholz - Erste Trocknung

Die einzelnen Stangen werden zu Bündeln zusammengefasst und senkrecht im Freien zur Trocknung aufgestellt. Je nach Hersteller werden die Blätter entfernt, die Blattscheiden bleiben jedoch in der Regel  am Halm. Eventuelle Blätter und die Blattscheiden verrotten nun in den nächsten 2-4 Monaten durch den steten Wechsel von Regen, Sonne, Wind.

Nach 2-4 Monaten wird der obere, nicht zu verwendende Abschnitt der Pflanze entfernt und die Stange in 1,0- 1,5 m lange Abschnitte abgelängt. Eventuell noch anhaftende Blätter/Blattscheiden werden entfernt, ebenso findet eine erste Aussortierung von schlechten Stangen statt.
Die Abschnitte werden horizontal auf eine Unterlage für ca. 3-4 Wochen in der Sonne weiter getrocknet, wobei sich die Stangen endgültig vom Grün zu Gelb verfärben. Die Stangen müssen für eine gleichmäßige Trocknung und Färbung regelmäßig gedreht werden.

Rohrholz - Trocknung und Reifung

Nach dieser Trocknung werden die Stangen in besonderen Trockenschuppen für ca. 1-2 Jahre gelagert. Die getrockneten Stangen werden nach 2-4 Jahren an den Nodien abgelängt und bei einigen Herstellern noch einmal der Sonne ausgesetzt. Dies dient vor allem der Reifung der Rohrholzstangen.

Rohrholz - Nachreifungsprozess

Holzsorte, Härte, Luftfeuchtigkeit

Gibt es da einen Zusammenhang?

Das Funktionieren der Rohre wird maßgeblich von der Luftfeuchtigkeit beeinflusst.

Zusammenhang zwischen Luftfeuchtigkeit und Holzhärte

Je höher die Luftfeuchte desto mehr quillt unser Rohrholz, insbesondere bereits auf Maß gehobeltes Holz bzw. Fassons.
Bei hartem Holz liegen die Holzfasern dicht beieinander und quellen daher weniger stark. Es eignet sich daher für die Verwendung bei höheren und hohen Luftfeuchten.

Bei der Wahl der geeigneten Holzhärte, spielt also die Luftfeuchtigkeit der jeweiligen Klimazone eine entscheidene Rolle:
< 30% = sehr trocken
30-50% = trocken-gemäßigt
50-70% = gemäßigt-feucht
70-85% = feucht
>85% = extrem feucht

In vielen Ländern unterliegt die Luftfeuchte auch jahreszeitlichen Schwankungen.
Beispiel Deutschland:
Sommerzeit (Mai-Oktober) = Nichtheizperiode = Luftfeuchte 50-75%
Winterzeit (November-April) = Heizperiode = Luftfeuchte 25-35%

Hier empfehle ich für jede Jahreszeit eine andere Holzsorte:
für den Sommer Rigotti,
für den Winter Alliaud.
Diese Empfehlung beruht v.a. auf meinen langjährigen Erfahrungen.
Das etwas härtere Rigottiholz quillt selbst bei sommerlich hoher Luftfeuchtigkeit
nicht zu stark auf und bleibt damit stabil. Das etwas weichere Alliaud (wobei
es nicht weich, aber im Vergleich zu Rigotti etwas weicher ist!) ist auch bei
trockener Heizungsluft im Winter noch schwingfreudig.